Am Dienstag, den 18. Mai 2010, habe ich abends an der Fachhochschule in Frankfurt einen Vortrag zum Thema „Generation Porn?‘ gehalten, in dem es darum ging, wie Jugendliche (und nicht nur die) an Pornografie im Internet kommen und wie sie diese rezipieren. Es war ein interessiertes Publikum mit Lehrpersonen als auch Vertretern aus der Sexualberatung und natürlich auch Studierende aus der FH selbst. In der Diskussion wurde deutlich, dass ganz unterschiedliche Erfahrungen zur Thematik gemacht wurden. Zum einem wurde deutlich, dass das Sexualverhalten von Jugendlichen sich in den letzten Jahrzehnten kaum geändert hat, jedenfalls nicht so gravierend, wie man aufgrund der zunehmenden vielfältigen Zugangsmöglichkeiten zur Pornografie durch das Internet vermuten lässt. Zum anderen berichten aber Lehrer und Lehrerinnen über eine verstärkte Thematisierung pornografischer Erfahrungen von Jugendlichen und damit verbunden eine sehr starke Typisierung von Frauen bzw. Mädchen durch Jungens. Eine gelungene Studie hat in letzter Zeit die Medienwissenschaftlerin Petra Grimm und ihre Mitarbeiter aus Stuttgart vorgelegt. Unter dem Titel Porno im Web 2.0 wurden Jugendlichen in qualitativen Studien bezügliche ihres Pornokonsums und den daraus resultierenden Einflüssen auf ihre Sicht von Sexualität befragt. Bedeutsam scheint mir dabei zu sein, dass Jugendliche beiderlei Geschlechts eine sehr biologistische Sichtweise vertreten. Danach sind männliche Jugendliche von Natur aus sexueller orientiert und können damit auch ihren Pornokonsum rechtfertigen. Mädchen haben dagegen diesen Trieb nicht und gelten demnach auch als ‚Schlampe‘, falls sie ihren sexuellen Bedürfnissen nachkommen. Hier wäre näher zu untersuchen inwiefern die Geschlechtsrollenentwicklung von den Medienentwicklungen abhängig ist oder doch die familiale Sozialisation eine bedeutender Rolle spielt.
Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur
Im 2009 veröffentliche das Bundesministerium für Bildung einen Bericht einer Expertenkommission zum Thema „Kompetenzen in einer digital geprägten Kultur“. Nachdem „Medienpädagogischen Manifest“ ist dies innerhalb kürzester Zeit die zweite Veröffentlichung, die mit der Forderung nach Medienbildung an die Öffentlichkeit geht. Gegenüber Letzterer wird die aktuelle Veröffentlichung in ihren Vorstellungen von Medienkompetenz als auch in ihren Forderungen konkreter. Dazu werde verschiedene Themenfelder angesprochen – Information und Wissen, Kommunikation und Kooperation, Identitätssuche und Orientierung sowie digitale Wirklichkeiten und produktives Handeln -, die ein breites Spektrum abbilden, in denen Medienkompetenz notwendig ist. Zwei Dinge möchte ich jedoch dazu anmerken: Zum einen sind Bestimmungen doch wieder sehr konkret und dürften sich bei Berücksichtigung der Medienentwicklungen rasch wiederholen. Mir erscheint es notwendig, Medienkompetenz viel allgemeiner und umfassender zu bestimmen, um nicht bei jeder neuen Medienentwicklung aufs Neue eine Bestimmung vornehmen zu müssen. Ich denke hier eher an allgemeine Grundfertigkeiten die jeweils auf Medien angewandt werden können. Zum anderen wird der wichtige Punkt der Lehrerbildung angesprochen. Dies muss besonders herausgestellt werden. Unsere Erfahrungen in Schulen zeigen zwar, dass dort einiges passiert und wir viele engagierte Lehrpersonen finden, die sich um einen sinnvollen Medieneinsatz in Schule und Unterricht bemühen. Aber insgesamt gesehen ist dies jedoch zu wenig und unzureichend. So lange an den Hochschulen in der Lehrerbildung nicht da etwas verändert wird, verändert sich in der Schule auch kaum etwas. Dazu müssten zuerst auch Professorinnen und Professoren eingestellt werden, die selbst mit Medien arbeiten und diese auch in ihrer Lehre einsetzen. Des Weiteren müssten Hochschulen verstärkt auf selbstbestimmtes Lernen mit Medien setzen, also viele Bereiche auf E-Learning umstellen.
Medienpädagogisches Manifest
Mehre Institutionen in der Medienpädagogik haben ein ‚Medienpädagogisches Manifest‚ erarbeitet und veröffentlicht. Dazu zählen u.a. die GMK, die Kommission Medienpädagogik in der DGfE, das JFF sowie das Hans-Bredow-Institut in Hamburg. Mit diesem Manifest wird nachdrücklich eine stärkere Verankerung von Medienerziehung in den Bildungseinrichtungen gefordert. In diesem Sinne sind die enthaltenen Forderungen zu unterstützen. Jedoch muss zu einzelnen Forderungen kritisch angemerkt werden, dass die Medienpädagogik dazu auch eine Bringschuld hat. So liegt bisher kein umfassender Katalog von medienpädagogischen Standards für die einzelnen Bildungsgänge, ob Erzieherinnen, Lehrer oder Sozialarbeiter vor. Auch sind die vorhandenen BA- und MA-Studiengänge kaum aufeinander abgestimmt. Auch die Forderung nach vermehrt qualitativen Studien in der Medienpädagogik verkennt meines Erachtens die Forschungslage. Es fehlen für mich eher Studien, die sich der Kritik aus dem quantitativen Lager stellen können. Ich kann nur hoffen, dass nach dieser gemeinsamen Aktion nun auch Taten folgen, und die unterstützenden Verbände die genannten Forderungen in konkrete Vorschläge umsetzen.