Bericht vom Education Leadership Summit von Apple und dem Besuch der BETT 2016 in London
Da ich vor zwei Jahren schon einmal die gleiche Tour gemacht habe, wusste ich, was auf mich zukommt. Das Apple Event war wieder einmal sehr professionell organisiert und sehr anregend. Die BETT präsentierte wenig Neues und ist auch schon nach ein paar Stunden sehr ermüdend. Aber nun zu den einzelnen Berichten.
Vor der BETT und begleitend bietet Apple mehrere Veranstaltungen für den pädagogischen Bereich an, ist aber selber nicht auf der BETT vertreten (wie auch auf der deutschen didacta). Neben dem Education Leadership Summit, der einen Tag vor der BETT stattfindet, werden vielfältige Workshops parallel zur BETT und auch an einem anderen Ort angeboten. Ich selbst habe nur an dem Summit teilgenommen. Aus ganz Europa sind ca. 1.200 Menschen zusammengekommen, die alle irgendwie mit Appleprodukten in ihren Einrichtungen arbeiten oder sonst wie eine Einladung von Apple dafür bekommen haben. Zu Beginn gab es Kaffee und Gebäck für alle und natürlich bekamen alle ein iPad (nur zur Ausleihe), auf dem der Zeitplan sowie im Form eines Kurses vielfältige Materialien zum Arbeiten mit iPads und Apps in der Schule zur Verfügung standen. Da man auch in Workshops aufgeteilt wird, die man bei der Registrierung angeben musste, ist der Zeitplan auf jedem iPad personalisiert. Alle haben also immer ein iPad in der Hand.
Der Tag begann im Plenum mit ein paar einleitenden Worten eines Apple-Vertreters sowie einem ersten Teil eines Vortrags, der zum Nachdenken über Innovationen in Bildungsinstitutionen anregen wollte. Dies war zum Teil interaktiv gestaltet, in dem man für zwei Fragen ein paar Minuten Zeit hatte. Anschließend wurden vier Kurzvorträge von Lehrerinnen und Schulleiterinnen präsentiert, die aus ihrer Einrichtung über den Einsatz von iPads berichteten. Der erste Vortrag berichtete von der Schule für Erwachsene in VUC syd (http://vucsyd.dk/). Diese Schule bietet jenen Menschen die Chance eines Schulabschlusses, die in der traditionellen Schule aus unterschiedlichen Gründen gescheitert sind. Das besondere dieser Schule ist zum einem das Gebäude bzw. die Architektur, die modern und vielfältige Lernumgebungen bietet, zum anderen, dass jede Schülerin bzw. jeder Schüler mit einem iPad arbeitet und alle Materialien auf diesem zur Verfügung stehen.
Nach einer Kaffeepause ging es in die Workshops. Ich hatte einen gewählt, in dem gezeigt werden sollte, wie man das iPad außerhalb der Schule benutzen kann. Der Workshopraum war wie ein kleiner Wald gestaltet, man saß auf Baumstümpfen und es gab mehrere Terrarien. Auf dem persönlichen iPad erschienen die für den Workshop notwendigen Unterlagen. Das Projekt handelt von Tieren in einem feuchten Waldboden. Wir bekamen die Aufgabe, mit dem iPad in den Terrarien Tiere zu suchen und diese zu fotografieren und per Video aufzunehmen. Es handelte sich meist um Schnecken, Würmer und Käfer. Danach sollten wir die Ergebnisse in eine Tabelle – natürlich Numbers und nicht Excel – eintragen. Der Workshop-Leiter (übrigens ein Lehrer) zeigte uns wie dies geschieht und wie man Tabellen mit Bilder bestückt sowie Grafiken erstellt, den wir mussten auch unsere Tiere auf den Fotos und Videos zählen. Wir wurden dann auch aufgefordert, uns selbst auf Video aufzunehmen und zu kommentieren, was wir gelernt haben. Auch dieses Video wurde in Numbers eingebunden. Abschließend erläuterte der Lehrer sein Vorgehen und zeigte auf, dass die erstellten Materialien als Portfolie als auch zur Verteilung in der Klasse genutzt werden können. Der Workshop war anregend, gut durchdacht und durchgeführt, so dass man in sehr kurzer Zeit den Sinn und Nutzen des iPads für ausserunterrichtlichen Aktivitäten erkennen konnte.
Die Mittagspause konnte neben dem Essen für Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern genutzt werden. Ich hatte zwei niederländische Lehrer am Tisch, mit denen ich mich über die Nutzung digitaler Medien in ihren Schulen unterhielt. Ich war überrascht, dass sie auch von vielfältiger Skepsis ihrer Kollegen berichteten.
Dann ging es wieder in einen Workshop, diesmal zum Programmieren mit LegoMindstorms. Er wurde von einer Lehrerin und einem Lehrer sowie drei Schülern aus einer Schule in Kapstadt durchgeführt. Während erstere einen kurzen Einblick in das pädagogische Konzept des Coding an ihrer Schule gaben, führten uns die beiden Schülern und die eine Schülerin darin ein, wie man die LegoMindstorms programmiert. Dazu waren auf den Tische vor uns schon ca. zwanzig Robots aufgebaut und wird bekamen mit unseren Nachbarn die Aufgabe, einen Pinguin am Strand vor einer Ölflut mit dem Robot zu retten und ihn sicher durch den Hafen in ein Aquarium zu bringen. Auf den Tischen waren die entsprechenden Gelände aufgebaut. Auf einem iPad war das Programm schon vorbereitet und wir hatten 25 Minuten Zeit, die Programmierung vorzunehmen. Mein Partner Henk aus den
Niederlanden und ich waren die Zweischnellsten und haben es in 10 Minuten geschafft. Das Ganze war ein interessanter Workshop, der vor allem durch die unheimlich selbstbewussten Schülern glänzte, die uns zeigten, wie Programmierung aussieht. Aber neben dem praktischen Tun hat abschließend die Lehrerin noch einmal deutlich gemacht, dass Programmierung eine grundlegender Schritt ist, der auch etwa in Deutsch zum Tragen kommen kann, wenn eine Geschichte zum Beispiel in ein Theaterstück umgewandelt werden soll. Auch dann müssen Schritte überlegt und durchgeführt werden, um diesen Transformationsprozess als Problemlösung umsetzen zu können.
Was mir besonders imponierte war, wie selbstbewusst und kompetent die drei SchülerInnen vor uns ‚Fachleuten‘ auftraten und ihr Projekt erklärten. Hier ein kurzes Ausschnitt aus ihrer Präsentation:
Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Vortrag des Leiters der Apple University. Er gab über eine Stunde lag einen interessanten und aufschlussreichen Einblick in die Philosophie, die hinter den Apple-Produkten steht. Diese kann mit den Begriffen Empowerment, Simplicity, Emotion und Beauty beschrieben werden. Zu jedem dieser Begriffe wurde deutlich gemacht, welche Rolle sie bei der Entwicklung der Geräte von Apple gespielt haben und sicher in der Zukunft noch spielen werden.
Nun zur BETT. Sie ist sicher die weltgrößte Ausstellung zu Bildungstechnologien, aber auch nur für diese (etwa im Unterschied zur deutschen didacta, die u.a auch Schulbuchverlage umfasst) und dann zusätzlich stark auch auf Schule zentriert. Dementsprechend vielfältig ist auch das Angebot, fast alle großen Unternehmen (ausser Apple) sind dort vertreten, aber auch viele kleine Anbieter, die die Chance nutzen wollen, sich auf den wachsenden Markt von Medien in Schulen sichtbar zu machen. Ich konnte bei meinem Rundgang folgende Trends ausmachen:
- Multitouch Bildschirme für das Klassenzimmer anstelle von Beamer oder Interaktiven Whiteboards. Selbst die Firma Smart hatte fast ausschließlich diese LCD-Bildschirme auf ihren Stand
- Maker Education, d.h. alle Dinge, die gebaut und zugleich mit Hilfe von Programmierung gesteuert werden können. Das waren vor allem die LegoMindstorms (mit den neuen WeDo 2.0 für Grundschulkinder), MaKeyMaKey, 3D Drucker und alles um Raspery Pi.
- Schulverwaltungsprogramme, d.h. Anwendungen, die den Lehrpersonen und der Schulverwaltung das Leben leichter machen sollen, zugleich aber auch viele Daten über ihre Schülerinnen und Schüler erheben.
- Learning Management Systeme (LMS) für Schulen, wobei diese Markt auch von den großen Playern wie Apple (etwa in dem neuen IOS 9.3), Google (Google Classroom) oder auch Microsoft mit seiner Integration in Office 360 bestimmt wird. Die letzteren sind für Schulen allein deswegen interessant, da sie alle kostenlos sind.
- Tablets in allen Größen, mit einem klaren Vorteil für Apples iPad, aber auch die SurfacePro von Microsoft sowie Chromebooks sind im Kommen. Notebooks oder gar Desktopcomputer sind out, davon spricht niemand mehr.
- Viele Mathematikprogramme mit simplen Instruktionen. Man hat das Gefühl, dass jeder versucht, den Kindern rechnen beizubringen, ohne die Entwicklung in der entsprechenden Fachdiskussion zu verfolgen.
- Coding/Programmieren für alle Schülerinnen und Schülern, so auch etwa mit Minecraft.
Dieses Thema wurde auch noch in der Eröffnungsrede der englischen Ministerin für Erziehung und Bildung betont. Es gilt als die wichtigste Curriculuminnovation für die Zukunft und soll auch die Berufsfähigkeit heutiger Schülerinnen und Schüler sicherstellen.
Bei meinem Rundgang habe ich aber auch noch kleiner Projekte kennengelernt, die ich abschließend noch vorstellen will. Dazu gehören zum einem Veo, eine App zur Unterrichtsbeobachtungen. Sie wurde von der Universität Nottingham entwickelt und ermöglicht mit dem iPad Videoaufnahmen während des Unterrichts ergänzt durch Kategorisierungen der Interaktionen zwischen der Lehrperson und den Schülerinnen und Schülern. Die App an sich ist kostenlos, aber für eine Nutzung zum Upload in eine Cloud, um in Seminaren über den Unterricht zu diskutieren oder die Kategorien auszuwerten, muss bezahlt werden (der Preis muss erfragt werden und hängt anscheinend vom Verwendungszusammenhang ab). Dann habe ich den Entwickler von der App Explain Everything kennengelernt, die nun auch kollaborativen genutzt werden kann und zwar über alle Betriebssysteme hinweg. Er hat sich in dem Gespräch mit mir darüber beklagt, dass die Deutschen so medienkritisch seien (er selbst ist Pole und auch seine Firma ist in Polen).
Insgesamt habe ich durch die BETT einen guten Überblick bekommen, welche Trends sich im Bereich von Bildungstechnologie abzeichnen, aber auch, dass es eigentlich nichts besonderes Neues gab. Mich wunderte, dass zum Beispiel fast keine Entwicklung im Bereich von 3D (außer auf Bildschirmen) wie etwa bei der Oculus Rift, Samsung VR Gear oder der Google CardBoard erkennbar waren. Dies kommt aber sicher in den nächsten Jahren.
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